Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Dass Hirschau von schweren Unwettern betroffen wurde, gibt es nicht erst, seit das Schlagwort Klimawandel in aller Munde ist. Heute vor 90 Jahren, am 4. Juli 1929, verursachte ein verheerendes Unwetter schwerste Schäden.
Die Amberger Volkszeitung berichtete damals über den „großen Hagelschlag“: „Kein Haus, kein Stadel, kein Garten blieb vom Unwetter verschont. Die Dächer sind durchlöchert und die Fenster an der Westseite fast alle zerschlagen. Es besteht gar keine Aussicht mehr, dass ein Saatgetreide heuer noch eingebracht werden kann, nicht einmal das Stroh für den Hausgebrauch. Die hiesigen Landwirte sind derart beschädigt, daß sie in ihrer Not aufschreien möchten.“ Bei der Schlossbrauerei Dorfner gab es 65 eingeschlagene Fensterscheiben und zur Wiederbedachung der Gebäude war ein Waggon Ziegeltaschen notwendig. Bei der starken Nachfrage nach Dachziegeln entstanden Lieferschwierigkeiten. Der heutige Brauereibesitzer Franz Dorfner erinnert sich, dass seine Oma davon erzählte.
Ein Augenzeuge schilderte damals seine Eindrücke: „Gegen drei Uhr nachmittags konnte man nach einer unerträglich lähmenden Hitze am Horizont von Südwesten und Westen her eine eigentümliche Wolkenbildung mit rötlichen Rändern sehen. Kurz darauf kam ein starker Windstoß und das Gewitter entlud sich mit Hagel. Die Hagelkörner hatten die Größe von Hühnereiern. Ehemalige Soldaten aus dem 1. Weltkrieg bemerkten, dass sie das Gefühl hatten, im schlimmsten Schrapnellfeuer (Artilleriegranatenfeuer) zu sein.“
Wahrscheinlich hatte so mancher Hirschauer an besagtem 4. Juli 1929 noch allzu gut das Unwetter und seine verheerenden Folgen im Hinterkopf, das knapp zwei Jahre vorher über der Stadt niedergegangen war – in der Nacht vom 2./3. August 1927. Darüber berichtet die Hirschauer Zeitung in ihrer Ausgabe vom 4. August 1927: „Von einem schweren Unwetter wurde Hirschau in der Nacht vom 2./3. August heimgesucht. Nahezu 3 Stunden blitzte und donnerte es ununterbrochen. Ungeheure Wassermassen stürzten hernieder.
In Richtung Krickelsdorf ging ein Wolkenbruch nieder. In kürzester Zeit verwandelte sich der sonst unbedeutende Walkbach in einen reißenden Fluß, der die ganze Nordseite der Stadt überschwemmte und teilweise sogar in die Häuser eindrang. Die Familie Gustav Fink auf der Walk mußte auf das Hausdach flüchten. Von dort aus wurde sie gerettet. Die freiwillige Feuerwehr und Nachbarn beteiligten sich an dem Rettungswerke. Die Familie Fink wurde auf die drohende Gefahr erst durch das seltsame Gebaren ihres Hundes aufmerksam.
Angeschwemmtes Holz (Stöcke und Scheiter), eingedrückte Gartenzäune usw. bezeichnen den Weg, den das Wasser genommen hat. Fast alle Weiher sind abgerissen, die übrigen Weiher wurden überschwemmt und sind so ziemlich alle Fische durch. Der an Grundstücken, am Getreide und an den Weihern entstandene Schaden ist beträchtlich. Glücklicherweise zündete keiner von den vielen Blitzschlägen, die in dieser Nacht niedergingen.“
Freilich waren die Gewitternacht vom 2./3. August 1927 und der große Hagelschlag nicht die einzigen Naturkatastrophen, die Hirschau vor langer Zeit große Schäden anrichteten.
Ein markantes Datum ist der 28. Juni 1830. In der Chronik steht zu lesen: „Der Stadtweiher (Weiher um die Stadt) bestand bis zum Jahre 1830. Am 28. Juni ging ein Wolkenbruch nieder und riß den Weiher ab. Eine Menge Fische ging zu Grunde. Dem Herrn Pfarrer nahm das Hochwasser die Fischgrube mit und ließ sie auf der Straße vor dem mittleren Thore stehen. Bei Lederer Simon, nun Trösterhaus, stieg das Wasser so hoch, daß ein Fisch in der Tischlade sich befand. Die ganze Stadt stand unter Wasser. Als der Damm bei der unteren Mühle durchbrach, fiel das Wasser.“
Noch weit schlimmer betroffen von diesem Unwetter war offenkundig Schnaittenbach. So schreibt Pfarrer Wittmann in seiner Chronik: „Eine furchtbare Überschwemmung und Verwüstung ereignete sich am 28. Juni 1830. Zwar richtete die Überschwemmung an allen benachbarten Orten mehr oder weniger Schaden an, doch nirgends einen größeren als in Schnaittenbach. Abends 9 Uhr fiel unter Blitz und Donner und unter einem heftigen Windsturm häufiger Regen. In kurzer Zeit hatte man Wasser in den Ställen, es überschwemmte den Marktplatz, so daß Sägbäume daselbst schwammen und schwoll so sehr an, daß es im Pfarrhaus zwei Schuh hoch aufdämmte.
Der Weiherdamm an der Lohmühle war in wenigen Minuten durchbrochen; die reißenden Fluten zerstörten die Mühle und nahmen Stall und Schweine mit fort, verwüsteten den Pfarrgarten und ertränkten zwei Ochsen des Nachbarn im Stalle des Hauses, wo Eltern und Kinder beisammen waren, blieb zur Rettung nichts anderes mehr übrig, als daß sie sich auf den Ofen flüchteten. Nur der bald erfolgte Durchbruch des unteren Dammes rettete sie vor dem augenscheinlichen Tode. Als der Damm nachgab, war in einem Augenblick das Hirtenhaus, dessen Bewohner sich noch zur rechten Zeit geflüchtet hatten, von den Wellen verschlungen und ein Teil des jenseitigen Zimmermannshauses samt Nebengebäuden ein Raub der Fluten geworden. Die Straße nach Hirschau war auf mehr als 100 Fuß Länge gänzlich vernichtet, so auch bei Holzhammer.“ Nach Erzählungen älterer Bürger soll das Gewitter über einen Tag gedauert haben.
Wesentlich jüngeren Datums ist ein „Schweres Unwetter über Raum Wernberg-Amberg“, wie die AZ vom 13. August 1955 titelt. „In den späten Mittagsstunden des vergangenen Mittwoch (10. August) entlud sich über dem hiesigen Gebiet ein schwerer Wolkenbruch. Der dicht strömende Regen hielt etwa zwei Stunden an und setzte weite Straßen- und Flurgebiete, Häuser und Scheunen unter Wasser.
Der Höhepunkt des Wolkenbruchs, wie man ihn hierzulande noch kaum erlebte, vollzog sich bei Immenstetten – Steininglohe. Die Straße Hirschau-Schnaittenbach war vorübergehend gesperrt, da das Wasser in kniehohen Fluten über die Fahrbahn schwoll und außerdem Heuschober mit sich führte. Die Bauern stiegen bis zum Leib in das Wasser und versuchten die Ernte zu retten. Die Ortseinfahrt nach Steininglohe war über die Hirschau-Amberger Straße hinweg kniehoch überflutet. Selbst Lastwagen kamen nicht mehr durch. Auch einige Häuser und Scheunen sowie eine Brücke wurden vom Wasser überschwemmt. Das stehende Getreide wurde so in den Boden gepeitscht, daß eine Einbringung in Frage gestellt oder zumindest maschinell undurchführbar geworden ist.“
Klimawandel hin, Klimawandel her. Offenkundig war Hirschau noch zu keiner Zeit vor Unwettern gefeit. Das wird sich wohl auch nicht ändern (lassen). Bleibt zu hoffen, dass das nächste noch ganz, ganz lange auf sich warten lässt!
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