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Nachricht vom 03.01.2020 Sonstiges

Hirschau trauert um Betty Bösl

Hirschau (Bericht von )  Die Stadt Hirschau ist um eine hoch verdiente, weit ĂŒber die Stadtgrenzen hinaus bekannte und beliebte Persönlichkeit Ă€rmer. Am Montag verstarb ihre EhrenbĂŒrgerin Betty Bösl - die „Mutter und Seele der Caritas-Sozialstation“, wie sie 1997 der heutige Landes- und damalige Diözesan-Caritasdirektor Bernhard Piendl bei einem Festakt nannte.

Mit seiner EinschĂ€tzung befand er sich in bester Gesellschaft. Der verstorbene Stadtpfarrer Edwin Völkl sah in der Sozialstation ebenso „Betty Bösls Lebenswerk“ wie sein Nachfolger Norbert Demleitner oder die BĂŒrgermeister Helmut Rösch, Hans Drexler, Hermann Falk (Hirschau), Karl FĂ€rber (Schnaittenbach), Norbert Probst und Peter Dotzler (Gebenbach).

Am 27. Februar 1926 als Ă€ltestes von drei Kindern der Eheleute Georg und Barbara Reil geboren, besuchte sie nach ihrem Schulabschluss die kaufmĂ€nnische Berufsschule, um dann mit ihrem Vater den Holzbaubetrieb Reil zu grĂŒnden. Gut 67 Jahre war sie mit ihrem 2014 verstorbenen Ehemann Willi Bösl verheiratet. Ihm war sie wĂ€hrend seiner von 1958 bis 1984 wĂ€hrenden Amtszeit als BĂŒrgermeister stets ein starker RĂŒckhalt. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die mit ihren EhemĂ€nnern, vier Enkel- und acht Urenkelkindern um die Verstorbene trauern.

Die SozialstationsĂ€ra Betty Bösl begann 1977. Nach einem Frauenbund-Altenpflegehilfekurs bat Stadtpfarrer Völkl Betty Bösl, die seit 1976 familienpflegerische EinsĂ€tze koordinierte, um die Organisationsleitung. Mit ihrem „Ja“ war die „Zentrale fĂŒr ambulante Pflegedienste“, wie die Sozialstation ursprĂŒnglich hieß, geboren. Innerhalb kĂŒrzester Zeit wurden ihre Dienste immer stĂ€rker nachgefragt. Aus vier BeschĂ€ftigten wurden innerhalb zehn Jahren dreißig.

Der gesamte Dienstbetrieb wurde bis 1987 im Privathaus Bösl abgewickelt, wo auch alle Materialien lagerten – selbstverstĂ€ndlich alles mietfrei. Die MobilitĂ€t des Pflegepersonals und die Raumfrage wurden zum Problem. Bis Anfang der 1980-er Jahre diente Betty Bösls unentgeltlich zur VerfĂŒgung gestellter R 4 als Einsatzauto. Bei ihrem Abschied ĂŒbergab sie 50 Dienstautos. Das Personal legte damit pro Jahr ca. 650 000 Kilometer zurĂŒck, um die Patienten zu betreuen bzw. auf dem Sektor Familienhilfe zu helfen. DafĂŒr wurden die Hirschauer „Ersatz-Muttis“ in der gesamten Diözese Regensburg angefordert. Mit dem ihr eigenen Engagement machte sich Betty Bösl an den Bau eines StationsgebĂ€udes. UnterstĂŒtzt von den heimischen Firmen und der „GlĂŒcksspirale“ konnte sie 1986/87 und 1992/93 in zwei Bauabschnitten einen GebĂ€udekomplex mit Verwaltungs-, Schulungs- und LagerrĂ€umen sowie einer Dienstwohnung und 30 Garagen errichten - all dies schuldenfrei. Als wertvoll erwies sich der Lehrsaal, in dem regelmĂ€ĂŸig LehrgĂ€nge fĂŒr das Personal, Pflege- und LeA-Kurse sowie Info-Veranstaltungen zu Pflegethemen stattfanden. Pioniergeist bewies sie 1990 mit der EinfĂŒhrung von LehrgĂ€ngen zur „Heranbildung von HilfskrĂ€ften fĂŒr dien hauswirtschaftliche Versorgung in der Altenbetreuung“. Nach hartnĂ€ckigen GesprĂ€chen wurden diese als Modellprojekt fĂŒr ganz Deutschland anerkannt und gefördert. Über 500 Frauen nutzten den Abschluss zum Einstig ins Berufsleben. Wert legte sie darauf, ihre Mitarbeiterinnen ausschließlich in sozialversicherungspflichtigen ArbeitsverhĂ€ltnissen zu beschĂ€ftigen. StaatssekretĂ€r Rudolf Kraus, bei der Bundesregierung zustĂ€ndig fĂŒr die EinfĂŒhrung der Pflegeversicherung, suchte regelmĂ€ĂŸig Betty Bösls Rat, der – nach seinen Worten – Eingang in die Gesetzgebung gefunden hat. Mit Weitblick hatte sie Anfang der 1980-er Jahre die Aktion „Essen auf RĂ€dern“ in den Leistungskatalog der Station aufgenommen und 2005 die Aktion „Lichtstrahl“ zur Betreuung Demenzkranker ins Leben gerufen.

Als sie kurz vor ihrem 80. Geburtstag in den Ruhestand ging, hatte sie ĂŒber 60 000 Stunden ehrenamtlich zum Wohle der Alten, Kranken und Schwachen geleistet, nicht mitgezĂ€hlt der Bereitschaftsdienst, den sie all die Jahre rund um die Uhr leistete. Am 31. Dezember 2005 verabschiedete sie sich von 65 engagierten und qualifizierten Mitarbeiter*innen und hinterließ ein schuldenfreies GebĂ€ude samt Dienstwohnung und 30 Garagen im Wert von mehr als 650 000 Euro, 50 Dienstautos sowie eine von ihr angesparte Summe von 1,5 Millionen Euro.

Ihr öffentliches Wirken beschrĂ€nkte sich nicht auf die Leitung der Sozialstation. Dem Katholischen Frauenbund diente sie ab seiner GrĂŒndung im Jahr 1963 bis 1986 als zweite bzw. erste Vorsitzende. Herausragende Leistung war die Herausgabe des Kochbuches „Hirschauer Schmankerln“. Mit dem Verkaufserlös wurde zu einem erheblichen Teil die Renovierung der Vierzehnnothelfer-Kirche finanziert. 1973 gab sie den Anstoß zur GrĂŒndung des Ortsverbandes der CSU-Frauen-Union, dessen stellv. Vorsitzende bis 1982 war. Sowohl der Frauenbund als auch die Frauen-Union ernannten Betty Bösl zu ihrer Ehrenvorsitzenden. FĂŒr ihr verdienstvolles Wirken auf sozialem Sektor erhielt sie zahlreiche Ehrungen. BundesprĂ€sident von WeizsĂ€cker verlieh ihr 1988 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Der Freistaat Bayern ehrte sie mit der Bayerischen Staatsmedaille fĂŒr besondere soziale Dienste aus, der Bezirk Oberpfalz mit seiner höchsten Auszeichnung, der Bezirksmedaille. Der Stadtrat der Stadt Hirschau wĂŒrdigte ihre herausragenden Verdienste im November 1993 mit der Ernennung zur EhrenbĂŒrgerin. Von Diözesan Caritasdirektor Bernhard Piendl erhielt sie die Caritas-Ehrennadel in Gold ĂŒberreicht.

Am morgigen Samstag wird sicherlich eine große Trauergemeinde Betty Bösl auf ihrem letzten Weg begleiten. Der Trauergottesdienst beginnt um 10 Uhr in der Stadtpfarrkirche. Heute ist um 17.30 Uhr Aussegnung in der Friedhofshalle, anschließend Sterberosenkranz in der Pfarrkirche.

Mit Betty Bösl, der „Mutter und Seele der Caritas-Sozialstation“, wie sie der Landes Caritasdirektor Bernhard Piendl nannte, verliert die Stadt Hirschau eine herausragende, ĂŒber die Stadtgrenzen hinaus hoch geschĂ€tzte Persönlichkeit. Sie verstarb am Montag im Alter von 93 Jahren im BRK Seniorenwohn- und Pflegeheim St. Barbara in Hirschau. - Foto von Werner SchulzFoto: Werner Schulz
Mit Betty Bösl, der „Mutter und Seele der Caritas-Sozialstation“, wie sie der Landes Caritasdirektor Bernhard Piendl nannte, verliert die Stadt Hirschau eine herausragende, ĂŒber die Stadtgrenzen hinaus hoch geschĂ€tzte Persönlichkeit. Sie verstarb am Montag im Alter von 93 Jahren im BRK Seniorenwohn- und Pflegeheim St. Barbara in Hirschau.

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