Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Das ganze Jahr hindurch fÀllt sie nur den Wenigsten auf. Nur einmal im Jahr, am 31. Mai, steht sie im Mittelpunkt: Die MariensÀule auf dem Bischof-Bösl-Platz nördlich der Stadtpfarrkirche MariÀ Himmelfahrt.
Dort endet am letzten Mai-Abend normalerweise die Lichterprozession, mit der die Gemeindemitglieder nach der letzten Maiandacht den Marienmonat Mai beschlieĂen. Zum Bedauern von Pfarrer Johann Hofmann kann die Prozessions-Tradition wegen der Corona-Pandemie heuer nicht fortgesetzt werden. Noch unsicher ist, ob die Gemeindemitglieder sich an der Statue zum Gebet versammeln.
Dabei hĂ€tte die MariensĂ€ule dieses Jahr aus zwei GrĂŒnden besonderes Augenmerk verdient: Zum Ersten feiert sie ihren 110. Geburtstag. Zum Zweiten kann dank der Recherchen von Stadtheimatpfleger Sepp Strobl die Entstehungsgeschichte des Denkmals nachvollzogen werden. Beim 100-JĂ€hrigen sah sich Ex-Stadtpfarrer Bergmann auĂer Stande, Informationen darĂŒber zur VerfĂŒgung zu stellen. Es fĂ€nden sich keine historischen Quellen.
Sepp Strobl wurde fĂŒndig. Nun steht fest: Die Marienstatue ist ursprĂŒnglich ein dekoratives Beiwerk zu einem der zehn Brunnen, die es bis 1952 in der Hirschauer Innenstadt gab. Ihre Existenz verdankt sie Stadtpfarrer Johann von Gott Hiederer, der von 1907 bis 1933 in der Pfarrei wirkte. Namens der Kirchenverwaltung stellte er am 27. Oktober 1909 an den Magistrat der Stadt den Antrag, âauf dem freien Platz zwischen Schulhaus & Kirche einen Brunnen herzustellen.â Tags zuvor hatte die Kirchenverwaltung getagt. Pfarrer Hiederer, so das Protokoll, erklĂ€rte dabei, dass es schon lĂ€ngst ein BedĂŒrfnis gewesen wĂ€re, in unmittelbarer NĂ€he der Kirche einen Brunnen zu besitzen. Zur Kirchenreinigung werde allwöchentlich viel Wasser gebraucht, das man ziemlich weit herholen mĂŒsse, entweder vom sog. Katzen- oder vom Rathausbrunnen.
Ein besonders groĂes Quantum werde zu den Wasserweihen an den Samstagen, an Dreikönig sowie an den Kar- und Pfingstsamstagen benötigt. Auch fĂŒr eine Brandgefahr sei ein Brunnen in unmittelbarer NĂ€he der Kirche nötig. Es sei ein gĂŒnstiger Augenblick fĂŒr die Brunnenherstellung gekommen, da fĂŒr das Knabenschulhaus der Bau einer WaschkĂŒche geplant sei. Daher sollte der Brunnen zwischen Kirche und Schulhaus errichtet werden. Die Kosten sollten zur HĂ€lfte die Kirchenverwaltung und die Schulstiftung resp. der Stadtmagistrat tragen. AuĂerdem möge der Magistrat auf seine Kosten den Abwasserkanal an den stĂ€dtischen Kanal im Westen der Kirche anschlieĂen.
Hiederer verwies darauf, dass der gegenwĂ€rtige Schulhauskanal seit ĂŒber einem Jahr verlegt und schadhaft sei, daher ohnehin einer grĂŒndlichen Reparatur bedĂŒrfe. Die Stadt möge auch den Unterhalt des Brunnens ĂŒbernehmen, da dieser sicherlich den Charakter eines öffentlichen Stadtbrunnens erhalten werde. Pfarrer Hiederer erklĂ€rte sich bereit, die Kosten vorzustrecken, welche die Kirchenstiftung treffen. Nach und nach sollten sie durch Spenden gedeckt werden, so dass die Kirchenstiftung keine Auslagen habe.
AbschlieĂend erklĂ€rt Pfarrer Hiederer, dass er gerne die Herstellungsarbeit leiten werde. Er gedenke, âspĂ€ter dem Brunnen einen dekorativen Charakter dadurch zu verleihen, dass er hinter demselben eine Marienstatue anbringen wird & so der öde Kirchenplatz durch diesen zu schaffenden âMarienbrunnenâ etwas belebt wird.â
1910 wurden die Projekte in die Tat umgesetzt. Jedenfalls ist auf dem 2,80 Meter hohen Betonsockel, auf dem die eineinhalb Meter hohe Statue steht, ein ovales Schild aus Kupfer angebracht mit der Aufschrift âANNO DOMINI 1910â. Am Betonsockel finden sich die Jahreszahlen 1982 und 2000. Im Oktober 1982 warf ein Sturm die MariensĂ€ule um. Dabei wurde die aus Keramik gefertigte Marienfigur komplett zertrĂŒmmert. Ein Wiederherstellen war unmöglich. Deshalb beauftragte 1982 der Stadtpfarrer Edwin Völkl den Weidener Bildhauer GĂŒnter Mauermann mit der Anfertigung einer neuen Statue. Sie wurde am 31. Mai 1983 zum Abschluss der Lichterprozession eingeweiht. Im Laufe der Jahre verblasste die Marienfigur immer mehr. Stadtpfarrer Norbert Demleitner veranlasste im Jahr 2000 eine Restaurierung der Statue. Malermeister Josef GrĂŒnwald löste diese Aufgabe bravourös. Er verpasste der Patronin der Stadtpfarrkirche einen neuen, bis heute gut erhaltenen Farbanstrich.
Der Marienbrunnen war bis zum Jahr 1952 - wie neun weitere Brunnen - in der Innenstadt in Betrieb. Hirschau erhielt erst zu diesem Zeitpunkt die Wasserleitung. Um Geld zu sparen, holten viele ihr Wasser weiter aus den Brunnen â Grund genug fĂŒr den Stadtrat, die Brunnen still zu legen, auch den Marienbrunnen.
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