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Nachricht vom 22.11.2020 Kirchen

Vor 40 Jahren: Pfarrhof nach „siebenjährigem Krieg“ eingeweiht

Hirschau (Bericht von Werner Schulz)  Für die katholische Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt war der 23. November 1980 ein Tag, der in die Kirchengeschichte der Stadt eingegangen ist. An diesem Tag wurden der neue Pfarrhof und die Pfarrbücherei eingeweiht.

Damit wurde ein Kapitel abgeschlossen, das sich über sieben Jahre hinzog und viel Ärger und Schwierigkeiten brachte. Ein ganzer Staatsapparat musste in Bewegung gesetzt werden, bis die Hirschauer Pfarrgemeinde ein neues Pfarrhaus erhielt. Seit 1972/1973 bemühten sich die Verantwortlichen in der Pfarrei, allen voran ab September 1973 Stadtpfarrer Edwin Völkl, um den Neubau des Pfarrhofs. Die Kämpfe waren teilweise so hart, dass man nicht vor persönlichen Angriffen gegen Pfarrer Völkl zurückschreckte. Die Amberger Zeitung titelte dann auch beim Bericht über die Einweihung: „Nach siebenjährigem Krieg konnte das alte Gebäude abgerissen und das neue aufgebaut werden.“

Als Schuldigen an dem jahrelangen Tauziehen machte man das Landesamt für Denkmalpflege aus. Es hatte den alten Pfarrhof als „denkmalswürdig“ eingestuft und die Abbruchgenehmigung verweigert – erstmals am 1. März 1974. Eine Haltung, die nicht nur bei den Hirschauern auf Unverständnis stieß. MdL Maria Geiß-Wittmann, die sich besonders für den Abbruch des alten und Bau des neuen Pfarrhauses eingesetzt hatte, wurde bei der Einweihung deutlich. Man habe im Denkmalschutzgesetz den Fachleuten zu viel recht gelassen. „Im Fall Hirschau hat man miterleben müssen, dass man Altertümer nicht von „alten Trümmern“ unterscheiden kann.“

Auf ihre Initiative hatte sich zweimal der Petitionsausschuss des Landtags mit der Sache befasst. Die Abgeordnete überbrachte im September 1978 die Nachricht, dass Bayerns Innenminister Dr. Seidl die Genehmigung für den Abbruch und damit auch für einen Neubau erteilt habe. Schriftlich traf die Genehmigung am 15. Januar 1979 bei Pfarrer Völkl ein. Sie war das Ergebnis von über 15 Ortsterminen und Aussprachen mit den verschiedenen Behörden. Weniger erfreut war man über, dass mittlerweile die Baukosten davongelaufen waren und durch diese schon als fast „fahrlässig“ zu bezeichnende Verzögerung eine neue Finanzierung aufgestellt werden musste. Die Pfarrgemeinde musste in den sauren Apfel der auf 605 000 DM gestiegenen Kosten beißen. 200 000 DM kamen von der Kirchensteuer, 180 000 DM aus den Erträgen der Pfründestiftung und 225 000 DM mussten als Eigenleistung aufgebracht werden. An Spenden waren 93 500 DM eingegangen. Dank galt der Firma AKW für den kostenlosen Abbruch des alten Gebäudes und die Lieferung des Humus. Der Familie Hermann Dorfner dankte man dafür, dass das Pfarramt während der Bauzeit in ihrem Haus in der Nürnberger Straße untergebracht werden konnte.

Mit dem Abbruch des alten Pfarrhofs wurde die 5,5 Meter breite, seit 1752 existierende Engstelle zwischen diesem und dem Kirchturm beseitigt. Dieser war an das Kirchenlanghaus angebaut worden, nachdem am 11.12. 1743 der alte Turm - ein ca. 8 Meter südlich der Kirche stehendes Kampanile – eingestürzt war. Dabei kam die Frau des Türmers ums Leben. Das neue Pfarrhaus wurde 1979/1980 ein Stück weiter nordwestlich errichtet und so weit zurückgesetzt, dass die Straße am Kirchturm 11,2 Meter breit ist. Es gleicht in Form und Aussehen dem alten Haus und hat wieder das gewohnte Walmdach. Nicht abgebrochen wurde das an der Nordseite stehende Benefiziumshaus. Es beherbergt seit der Renovierung die Stadt- und Pfarrbücherei mit Leseraum sowie Garagen.



Die Einweihung des Pfarrhauses und der Bücherei erfolgte am Christkönigsfest. Eröffnet wurden die Feierlichkeiten mit einem Ständchen des Kolpingsmusikzugs auf dem Vorplatz der Kirche. Der von Generalvikar Fritz Morgenschweis zelebrierte Festgottesdienst wurde vom Kirchenchor mit der Messe in C-Dur von A. Bruckner umrahmt, begleitet von der Streichergruppe der Familie Gleißner. Dazu hatten sich u.a. Regionaldekan Dimpfl, Ex-Stadtpfarrer Röhrl, Stadtpfarrer Völkl, Kaplan Helgert, die aus Hirschau stammenden Geistlichen Georg Bösl und Werner Huber sowie Ex-Kaplan Liebl als Konzelebranten um den Altar versammelt. Als Ehrengäste nahmen u.a. MdL Maria Geiß-Wittmann, Landrat Dr. Hans Wagner, Bürgermeister Willi Bösl und die Mitglieder des Stadtrats teil. Ihnen allen galt der Dank für die Unterstützung. Nach dem Festgottesdienst und der Besichtigung des Pfarrhauses und der Bücherei fand ein Festakt mit Mittagessen im Josefshaus statt.

40 Jahre nach der Einweihung steht aktuell die Renovierung des Pfarrhofs auf der Agenda. Nach einer Begehung durch die Bischöfliche Baureferentin im März 2019 sah das Bischöfliche Baureferat die Notwendigkeit zur Durchführung dieser Baumaßnahme für gegeben an und stufte sie als mittelschwere Schwierigkeit ein. (Eigener Bericht über die aktuelle Sanierungsmaßnahme folgt)..

Zur Geschichte des Pfarrhofs

Der von Joseph Weinberger 1993 verfassten Häuserchronik „Die Stadt Hirschau, ihre Bürger und Häuser“ ist zu entnehmen, dass es bereits 1439 einen Pfarrhof in Hirschau gab. 1580 meldete Pfarrer Erckl oder Eckl, dass der Pfarrhof baufällig ist. Auch 1599 und 1600 berichtet der calvinistische Pfarrer Felix Fabricius davon. 1598 bis 1614 wurde am Pfarrhof gebaut. 1741 wurde durch Pfarrer Plätl zwei Jahre nach seiner Ankunft ein neues Pfarrhaus gebaut, weil das alte nicht mehr bewohnbar war. Als 1743 der Kirchturm, ein südlich der Kirche stehendes Kampanile, in den Hof des Pfarramts stürzte, wurde auch das neue Pfarrhaus beschädigt, aber sofort wieder aufgebaut. Der neue Kirchturm wurde 1752 an das Langhaus der Kirche angebaut. Dadurch entstand eine Engstelle zwischen Turm und Pfarrhaus mit einer Breite von 5,5 Meter.

Bei den beiden großen Bränden im Jahr 1750, bei dem 55 Anwesen ganz und 20 teilweise ein Raub der Flammen wurden, war auch der Pfarrhof niedergebrannt. Er wurde 1751 verschönert wieder aufgebaut. Bis zum Jahr 1914 wird in den Chroniken nichts Wesentliches über den Pfarrhof berichtet. Als 1915 die nördlichen Stadtmauern-Häuser abbrannten, griff das Feuer auf den Pfarrhof über und äscherte die Rückgebäude ein, wobei das Pfarrhaus selbst unversehrt blieb.

Das Landesamt für Denkmalpflege verhinderte jahrelang den Abbruch des alten Pfarrhofs. Nach siebenjährigem Tauziehen konnte er 1979 abgebrochen werden. Die Kosten übernahm die Firma AKW. - Foto von Werner SchulzFoto: Werner Schulz
Das Landesamt für Denkmalpflege verhinderte jahrelang den Abbruch des alten Pfarrhofs. Nach siebenjährigem Tauziehen konnte er 1979 abgebrochen werden. Die Kosten übernahm die Firma AKW.

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Foto: Werner Schulz
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