Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Wer sich ĂŒber Hirschaus Geschichte kompetent informieren will, dem ist eine StadtfĂŒhrung mit Stadtheimatpfleger Sepp Strobl wĂ€rmstens zu empfehlen. Die âHirschauer Wanderfreundeâ machten diese Erfahrung bereits zum zweiten Mal.
Vor vier Jahren hatten die Wandervereinsmitglieder mit ihm die Innenstadt erkundet. Dieses Mal wanderten sie mit ihm das âScherbengasslâ sĂŒdlich der Stadtmauer entlang. Wie 2018 verstand Sepp Strobl es glĂ€nzend, seine historischen Kenntnisse unterhaltsam und allgemein verstĂ€ndlich an den Mann bzw. die Frau zu bringen. FĂŒr so manchen war neu, dass das âScherbengasslâ offiziell eigentlich âMittlerer Torgartenwegâ heiĂt. Bevor man vom EDEKA-Parkplatz aus das Gassl durchwanderte, demonstrierte Strobl der 25-köpfigen Gruppe mittels alter Fotos die Engstelle beim Fischerhartl am einstigen âMittleren Stadttorâ. Sie wurde 1966 durch den Abbruch des von der Stadt aufgekauften Tröster-Anwesens beseitigt - zu einem Zeitpunkt, als noch der B 14-Verkehr durch die Innenstadt rollte. Interessantes hatte Strobl ĂŒber die VorgĂ€rten zwischen den StadtmauerhĂ€usern und dem Scherbengassl zu berichten. Die FlĂ€chen gehörten bis 1920 der Stadt. Die Anwohner hatten keine Toiletten in ihren HĂ€usern. Sie mussten ihre Verrichtungen in Eimern zu ihren Schuppen tragen, die gegenĂŒber im âGeseerâ neben dem Schweitzbach standen. Ab dann konnten die BĂŒrger die FlĂ€chen erwerben und an ihr Haus an der SĂŒdseite anbauen bzw. zumindest eine âMistnâ im Vorgarten einrichten. Unvermeidbar war ein Stopp bei den Anwesen Stadtmauerngassse Nr. 29 und Nr. 31. Blickfang â der dort an die SĂŒdseite der beiden HĂ€user angebaute Turm. WĂ€hrend die rechte, ca. 700 Jahre alte TurmhĂ€lfte nicht einen einzigen Riss aufweist, ist der in den 1920er errichtete eckige Anbau der linken HĂ€lfte seltsamerweise schon vom Einsturz bedroht. Sepp Strobl: âAnscheinend waren vor 100 Jahren die Baustoffe oder Maurer schlechter als vor 700 Jahren.â Beim Anwesen SĂŒĂer (Turmpeter) erlĂ€uterte Strobl anhand alter Bilder die Situation um die Obere MĂŒhle, die (abgebrochene) Dorfner-Villa und das Pfabeck. Vom âFischerschousterâ aus gelangte man durch die Hirtengasse zum BRK-Seniorenheim (frĂŒher Stiftungskrankenhaus) in die Klostergasse und schlieĂlich in die Stadtmauerngasse. Dort konnte Sepp Strobl erklĂ€ren, warum in der ansonsten geschlossenen HĂ€userreihe drei GebĂ€ude zwischen den Anwesen Kummer und Meister (frĂŒher Demmel) fehlen: Die HĂ€user wurden am 20. April 1945 bei einem Bombenangriff der Amerikaner zerstört und nicht wieder aufgebaut. Mit einer fĂŒr nahezu alle Teilnehmer ĂŒberraschenden Information wartete Strobl beim GebĂ€ude Hausnummer 3 zwischen den Anwesen Böller und Wild auf: âDas ist das Geburtshaus des Maurersohns Jakob Bauer, der vom 22. Januar 1838 bis zu seinem Tod am 5. August 1854 rechtskundiger 1. BĂŒrgermeister der Landeshauptstadt MĂŒnchen war.â Abgeschlossen wurde die Bildungswanderung mit einem Blick auf das Anwesen âTrösterschmiedâ (Georg-Schiffer-StraĂe 9), das seit âunvordenklichen Zeitenâ als Bad im Eigentum der Stadt war, bis dort ab 1760 das Rotgerberhandwerk ausgeĂŒbt wurde.
Wer jemals eine Sepp-Strobl-FĂŒhrung mitgemacht hat, der weiĂ, dass er diese immer mit originellen Anekdoten garniert â so auch dieses Mal. Originalton Strobl: âVor einige Johr hob ich a FĂŒhrung mit die Kloina vom Antonius-Kindergorten gâmacht. Dabei hob ich den Erzieherinnen erzĂ€hlt, dass ich als Kind daou hintn in dem weiĂen Haus im Zöiglbindergassl gâwohnt hob. Daou hot der kloine Yannick zu seiner Mama gâsagt: âWieso kennt der Herr Hausmeister den Obama?â Wir hobân alle zâerst gâstutzt! Dann is uns eingâfalln, dass damals der Barack Obama amerikanischer PrĂ€sident wordân is und im Fernseh dauernd vom WeiĂen Haus die Red woar. Der Yannick hot halt gâmoint, wenn ich im weiĂen Haus gâwohnt hob, mou ich doch den Obama kenna.â Wandervereinsvorstand Christian Renner dankte dem Stadtheimatpfleger fĂŒr die hoch interessanten zwei Stunden. âWir haben heute ĂŒber Hirschaus Geschichte wieder eine ganze Menge dazu gelernt.â
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