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Nachricht vom 19.10.2022 Vereine

Mit Sepp Strobl durchs Scherbengassl die Stadtmauer entlang

Hirschau (Bericht von Werner Schulz)  Wer sich ĂŒber Hirschaus Geschichte kompetent informieren will, dem ist eine StadtfĂŒhrung mit Stadtheimatpfleger Sepp Strobl wĂ€rmstens zu empfehlen. Die „Hirschauer Wanderfreunde“ machten diese Erfahrung bereits zum zweiten Mal.

Vor vier Jahren hatten die Wandervereinsmitglieder mit ihm die Innenstadt erkundet. Dieses Mal wanderten sie mit ihm das „Scherbengassl“ sĂŒdlich der Stadtmauer entlang. Wie 2018 verstand Sepp Strobl es glĂ€nzend, seine historischen Kenntnisse unterhaltsam und allgemein verstĂ€ndlich an den Mann bzw. die Frau zu bringen. FĂŒr so manchen war neu, dass das „Scherbengassl“ offiziell eigentlich „Mittlerer Torgartenweg“ heißt. Bevor man vom EDEKA-Parkplatz aus das Gassl durchwanderte, demonstrierte Strobl der 25-köpfigen Gruppe mittels alter Fotos die Engstelle beim Fischerhartl am einstigen „Mittleren Stadttor“. Sie wurde 1966 durch den Abbruch des von der Stadt aufgekauften Tröster-Anwesens beseitigt - zu einem Zeitpunkt, als noch der B 14-Verkehr durch die Innenstadt rollte. Interessantes hatte Strobl ĂŒber die VorgĂ€rten zwischen den StadtmauerhĂ€usern und dem Scherbengassl zu berichten. Die FlĂ€chen gehörten bis 1920 der Stadt. Die Anwohner hatten keine Toiletten in ihren HĂ€usern. Sie mussten ihre Verrichtungen in Eimern zu ihren Schuppen tragen, die gegenĂŒber im „Geseer“ neben dem Schweitzbach standen. Ab dann konnten die BĂŒrger die FlĂ€chen erwerben und an ihr Haus an der SĂŒdseite anbauen bzw. zumindest eine „Mistn“ im Vorgarten einrichten. Unvermeidbar war ein Stopp bei den Anwesen Stadtmauerngassse Nr. 29 und Nr. 31. Blickfang – der dort an die SĂŒdseite der beiden HĂ€user angebaute Turm. WĂ€hrend die rechte, ca. 700 Jahre alte TurmhĂ€lfte nicht einen einzigen Riss aufweist, ist der in den 1920er errichtete eckige Anbau der linken HĂ€lfte seltsamerweise schon vom Einsturz bedroht. Sepp Strobl: „Anscheinend waren vor 100 Jahren die Baustoffe oder Maurer schlechter als vor 700 Jahren.“ Beim Anwesen SĂŒĂŸer (Turmpeter) erlĂ€uterte Strobl anhand alter Bilder die Situation um die Obere MĂŒhle, die (abgebrochene) Dorfner-Villa und das Pfabeck. Vom „Fischerschouster“ aus gelangte man durch die Hirtengasse zum BRK-Seniorenheim (frĂŒher Stiftungskrankenhaus) in die Klostergasse und schließlich in die Stadtmauerngasse. Dort konnte Sepp Strobl erklĂ€ren, warum in der ansonsten geschlossenen HĂ€userreihe drei GebĂ€ude zwischen den Anwesen Kummer und Meister (frĂŒher Demmel) fehlen: Die HĂ€user wurden am 20. April 1945 bei einem Bombenangriff der Amerikaner zerstört und nicht wieder aufgebaut. Mit einer fĂŒr nahezu alle Teilnehmer ĂŒberraschenden Information wartete Strobl beim GebĂ€ude Hausnummer 3 zwischen den Anwesen Böller und Wild auf: „Das ist das Geburtshaus des Maurersohns Jakob Bauer, der vom 22. Januar 1838 bis zu seinem Tod am 5. August 1854 rechtskundiger 1. BĂŒrgermeister der Landeshauptstadt MĂŒnchen war.“ Abgeschlossen wurde die Bildungswanderung mit einem Blick auf das Anwesen „Trösterschmied“ (Georg-Schiffer-Straße 9), das seit „unvordenklichen Zeiten“ als Bad im Eigentum der Stadt war, bis dort ab 1760 das Rotgerberhandwerk ausgeĂŒbt wurde.

Wer jemals eine Sepp-Strobl-FĂŒhrung mitgemacht hat, der weiß, dass er diese immer mit originellen Anekdoten garniert – so auch dieses Mal. Originalton Strobl: „Vor einige Johr hob ich a FĂŒhrung mit die Kloina vom Antonius-Kindergorten g’macht. Dabei hob ich den Erzieherinnen erzĂ€hlt, dass ich als Kind daou hintn in dem weißen Haus im Zöiglbindergassl g’wohnt hob. Daou hot der kloine Yannick zu seiner Mama g’sagt: „Wieso kennt der Herr Hausmeister den Obama?“ Wir hob’n alle z’erst g’stutzt! Dann is uns eing’falln, dass damals der Barack Obama amerikanischer PrĂ€sident word‘n is und im Fernseh dauernd vom Weißen Haus die Red woar. Der Yannick hot halt g’moint, wenn ich im weißen Haus g’wohnt hob, mou ich doch den Obama kenna.“ Wandervereinsvorstand Christian Renner dankte dem Stadtheimatpfleger fĂŒr die hoch interessanten zwei Stunden. „Wir haben heute ĂŒber Hirschaus Geschichte wieder eine ganze Menge dazu gelernt.“

Ein Blickfang beim Durchwandern des Scherbengassls war der an die Anwesen Stadtmauerngassse Nr. 29 und Nr. 31. angebaute Turm. WĂ€hrend die rechte, ca. 700 Jahre alte HĂ€lfte keinen einzigen Riss aufweist, ist der in den 1920er errichtete eckige Anbau der linken HĂ€lfte vom Einsturz bedroht. Sepp Strobl (2.v.l.): „Anscheinend waren vor 100 Jahren die Baustoffe oder Maurer schlechter als vor 700 Jahren. - Foto von Werner SchulzFoto: Werner Schulz
Ein Blickfang beim Durchwandern des Scherbengassls war der an die Anwesen Stadtmauerngassse Nr. 29 und Nr. 31. angebaute Turm. WĂ€hrend die rechte, ca. 700 Jahre alte HĂ€lfte keinen einzigen Riss aufweist, ist der in den 1920er errichtete eckige Anbau der linken HĂ€lfte vom Einsturz bedroht. Sepp Strobl (2.v.l.): „Anscheinend waren vor 100 Jahren die Baustoffe oder Maurer schlechter als vor 700 Jahren.

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Foto: Werner Schulz
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