Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Die 1968 erschienene Stadtchronik widmet ihm gerade einmal 20 Zeilen, obwohl er getrost als „großer Sohn“ Hirschaus bezeichnet werden kann: Dr. Jakob von Bauer – von 1838 bis 1854 „Erster rechtskundiger Bürgermeister“ der königlichen Haupt- und Residenzstadt München.
Bauers Lebenslauf
Nicht als Adeliger, sondern als Sohn des Maurergesellen Georg Bauer und seiner Frau Katharina erblickte Dr. Jakob von Bauer am 19. Dezember 1787 im Anwesen Stadtmauerngasse 3 (alte Hausnummer 37) das Licht der Welt. Die „Behausung“ - wie Joseph Weinberger das Geburtshaus in der Hirschauer Häuserchronik nennt - hätte kaum beengter und ärmlicher sein können. „Ein Wasserlauf aus dem Hof von Nr. 39 ging durch die Küche des Hauses Nr. 37 und durch die Stadtmauer in das Geseer.“ Seinen ersten Schulunterricht erhielt er im Benediktiner-Kloster Ensdorf. 1800 kam er auf die lateinische Schule in Amberg. Nach deren Abschluss studierte er Theologie im Klerikal-Seminar in Landshut, konzentrierte sich dann auf das Feld der Rechtswissenschaft. 1813 trat er in den Dienst des Landgerichts Vilsbiburg, wurde 1821 Rentbeamter in Mindelheim und kam 1832 an die königliche Rechnungskammer nach München. Am 20. Januar 1838 wurde er zum Zentralrat im Innenministerium berufen und ihm die Staatsbuchhaltung sowie die Kommisärstelle bei der München-Augsburger-Eisenbahn übertragen. Der Magistrat wählte ihn am 22. Januar 1838 zum „Ersten rechtskundigen Bürgermeister“ Münchens. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod am 4. August 1854 inne. Er verstarb in Bad Axelmannstein. Jakob von Bauer war mit Caroline von Kammerloher verheiratet. Am 1. Januar 1852 wurde ihm das Ritterkreuz des Königlichen Verdienst-Ordens der Bayerischen Krone verliehen. Mit dieser Auszeichnung war der persönliche Adel verbunden. Nicht bekannt ist, wann er promoviert hat.
Der unerschrockene Kommunalpolitiker
Klaus Bäumler - pensionierter Richter am Bayer. Verwaltungsgerichtshof, bis 2021 stellv. Programmausschussvorsitzender des „Münchner Forums“ - hat sich intensiv mit dem Wirken Bauers auseinandergesetzt. Demnach war Bürgermeister Jakob von Bauer Initiator und Motor zur Schaffung des ersten kommunalen Landschaftsparks, den heutigen „Flaucher Anlagen“ als Pendant zum königlichen Englischen Garten. Am 1. Mai 1839 pflanzte Bauer dort einen Maulbeerbaum, eine Linde und eine Eiche und gab damit den Startschuss für die große Grünanlage. Zur ihrer Pflege wurde im selben Jahr ein Gärtner angestellt. So kann Bauer auch als Gründer der Münchner Stadtgärtnerei, heute Stadtgartendirektion, bezeichnet werden.
Bauers Biographie ist quasi Teil eines politischen Kulturkampfes. Seine 16-jährige Amtszeit war geprägt von der Auseinandersetzung zwischen der von ihm vertretenen Bürgerschaft mit König Ludwig I.. Die Stadt sollte den Ausbau Münchens zum königlichen Isar-Athen mitfinanzieren. Jakob von Bauer war der bürgerliche Widerpart zum bayerischen König und deckte die Schere zwischen der Finanznot der Stadt und den königlichen Prestigeobjekten auf. Ludwig I. ließ ein von Bauer veröffentlichtes Buch über die monarchischen Ursachen der Münchner Finanzprobleme kurzerhand beschlagnahmen. Klaus Bäumler: „Jakob von Bauer war ein mutiger Vorkämpfer der demokratischen, der kommunalen Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert.“ Von Bauer ist der Ausspruch überliefert: „Es gibt Leute, die keine Bäume sehen können und in deren Pflanzung eine Geldverschwendung erkennen; nur solche Bäume, an denen statt Blätter Banknoten wachsen würden, wären für ihren Geschmack.“
Münchens Bürger wussten Bauers weitsichtiges und konsequentes Handeln offenkundig zu schätzen. Am 16. Oktober 1861 wurde um 11 Uhr in einer Feierstunde ein Denkmal für Bürgermeister Jakob von Bauer als „Gründer dieser Anlagen“ in den Flaucher-Anlagen eingeweiht. Dieses Denkmal ist das früheste, außerhalb eines Friedhofs errichtete Bürgermeister-Monument in einer Residenzstadt im deutschsprachigen Raum. Angesichts des Spannungsverhältnisses zwischen Regierung und Stadt (auch noch in der Regierungszeit von König Max II.) war die Aufstellung des Denkmals ein Politikum. Seit 12. November 1892 trägt zudem eine 636 Meter lange Straße in Schwabing-West seinen Namen – die „Bauerstraße“.
Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof in München. Das Originalgrab ist durch Kriegszerstörungen verloren. Ersatzweise wurde eine Gedenkplatte an der Grabstelle angebracht. Anlässlich seines 225. Geburtstages am 19. Dezember 2012 legte die Stadt München einen Kranz an seinem Grab nieder.
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