Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Der 18. Juni 2023 geht als denkwürdiger Tag in die Chronik des Heimat- und Trachtenvereins ein. 75 Jahre nach der Lizensierung durch die US-Besatzer am 17. Juli 1948 haben die Trachtler erstmals ein eigenes Vereinsheim.
Eigentlich schlug die Geburtsstunde schon ein Jahr vorher im Sommer 1947 unter dem Motto „Treu der Sitt‘ – Treu der Tracht – Treu der Heimat! Den Alten zur Ehr‘, den Jungen zur Lehr‘!“ Der Besuch des Buchbergfestes Anfang August 1947 veranlasste einige junge Männer, auch in Hirschau eine Plattlergruppe zu gründen. Am 15. August 1947 fand im Gasthof Weich die erste Tanzprobe statt. Der Trachtenverein „Stamm" Schwandorf erklärte sich für die Einübung der Plattler bereit. Am 20. September 1947 wurde die Plattlergruppe gegründet. Zu den Burschen gesellten sich bald ihre „Herzensdamen“ und andere interessierte junge Frauen. Nun wurden auch Volkstänze eingeübt. Gründungsmitglieder waren (mündlich überliefert): Alfons Birner, Wendelin Birner, Sepp Dolles, Emil Engelhardt, Hermine Siegert (Engelhardt), Frieda Staudigl (Duschner), „Bert“ Forster, Max Häusler, Sepp Häusler, Ernst Kummer, Karl Mader, Lotte Meyer (Öhl), Berta Prößl (Mader), Fritz Streber, Hans Weich, Rosa Held (Kahrweg) und Musikant Schorsch Held. All dies geschah ohne Lizenz zur Vereinsgründung. Sie wurde erst nach Überprüfung durch die US-Besetzungsmacht bzw. dem von ihr eingesetzten Landrat Dr. Winkler am 17. Juli 1948 erteilt. Mit Wendelin Birner, Georg Hauer und Franz Dolles hatten sich „drei unbescholtene Bürger“ als Bürgen zur Verfügung gestellt. Birner übernahm kommissarisch die Vereinsführung. Man nannte sich „Volkstrachtengruppe Enzian". Getragen wurde die Miesbacher Tracht. Die erste Mitgliederversammlung, bei der Hans Wild zum Vorstand gewählt wurde, fand am 20. Januar 1948 im Gasthof Böckl statt. Im gleichen Monat trat man dem Gauverband Oberpfalz bei. Am 5./6. Juli 1952 feierte man das erste große Fest - die Fahnenweihe. Fahnenbraut war Elsa Merkl (Haberl), Fahnenmutter Anni Lippert. Der Trachtenverein „Stamm" Schwandorf übernahm die Patenschaft.
Am 15./16. Juli 1967 wurde das 20-Jährige mit einem Festzug und einem Heimatabend gefeiert, am 15./16. Juli 1972 das 25-Jährige mit einem Standkonzert und einem Festzug. Sein 40-Jähriges Bestehen beging der Verein vom 18. bis 20. Juni 1987 mit einem Gaufest. Dabei wurde die restaurierte Fahne neu gesegnet. Zum 50-Jährigen am 21./22. Juni 1997 wurde erneut das Gaufest nach Hirschau geholt. Den 60. Geburtstag feierte man mit einem Standkonzert und einem Oberpfälzer Abend im voll besetzten Josefshaus, das 70-Jährige mit einem Gartenfest. Zu jedem der Jubiläen gehörte das Feiern eines Festgottesdienstes.
Als man sich immer mehr seiner Oberpfälzer Bodenständigkeit bewusst wurde, legte man den Beinamen „Enzian" ab und schaffte 1959 eine heimatbezogene Tracht an. Die Gebirgstrachten landeten im Privatfundus der Besitzer. Ende der 70er Jahre entschloss man sich, die erneuerte Oberpfälzer Tracht anzuschaffen. Sie wird von den Mitgliedern bis heute getragen. Bald machte man sich mit Auftritten der Plattler- und der Theatergruppe über Hirschau hinaus einen Namen. Der jährliche Faschingsball wurde zu einem Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben. Dem aufstrebenden Fremdenverkehr trug man mit Heimatabenden Rechnung. Überhaupt bereicherten die Trachtler auf vielfältige Weise das Leben der Stadt- und Pfarrgemeinde. Sie ließen Bräuche aus der „guten alten Zeit“ wie z.B. das Binden von Kräuterbuschen wieder aufleben. Sie wurden an Mariä Himmelfahrt nach ihrer Weihe an die Messbesucher kostenlos verteilt. Ihnen war es zu verdanken, dass die bis ins 18. Jahrhundert zurück reichende, aber in Vergessenheit geratene Wallfahrt zur Vierzehn-Nothelfer-Kirche an Mariä Heimsuchung von 2001 bis 2015 wieder durchgeführt wurde. Auch der Hirschauer Kirwa, die viele Jahre im Argen lag, verhalf man zusammen mit dem TuS/WE neun Jahre lang bis zum Jahr 2008 zu neuem Aufschwung. Längst Kult geworden ist der auf Initiative von Josef Dobmeyer 2001 zum ersten Mal durchgeführte Lebendige Adventskalender. Für die Veranstaltungsreihe übernehmen die Trachtler alle Jahre die Organisation, kümmern sich um die Aussteller der Adventfenster, um die Mitwirkenden am Rahmenprogramm und um die Versorgung der „Fensterlgänger“ mit wärmenden Getränken. Ab Einführung des Hirschauer Ferienprogramms war das Mensch-ärgere-dich-nicht-Turnier bis zum Beginn der Corona-Pandemie ein Dauerbrenner. Großen Anklang fanden und finden die Gartenfeste, bei denen die Tanzgruppen des Vereins auftreten, allen voran die Trachten-Zwergerln. Die von Eva Pfab und Romina Seifert betreute Kindergruppe wurde 2012 gegründet. Selbstverständlich wirken die Trachtler bei örtlichen Veranstaltungen und Festen mit.
Dass man seit 2014 freundschaftliche Beziehungen zum „Bund der Bayern“ in Adelaide in Australien unterhält, ist der gebürtigen Hirschauerin Iris Strobl zu verdanken. Die Gruppe aus Down Under war 2014 und 2018 in Hirschau, der stellv. Vorsitzende Gaston Lottner, seine Frau Iris, Vereinsmusikant Franz Dolles und seine Frau Martina 2015 auf Gegenbesuch. Im Mai 2019 hatten Tomas Svensson, Anne-Marie Lang, Helga Zach und Martina Dolles die Ehre, den Gauverband Oberpfalz in München beim Empfang von Prinz Charles und seiner Frau Camilla zu vertreten.
Top-Thema für den Verein und den seit 2017 amtierenden Vorsitzenden Michael Meier war der Ausbau des Vereinsheims im 2. Stock der Alten Mälzerei. Im November 2020 nahm man das Angebot des Festspielvereins an, dort einen Jugend- und Übungsraum und unter der Tribüne einen Lagerraum einzurichten. Nun ist was Werk vollbracht. Die ca. 190 Vereinsmitglieder können ihr 75-Jähriges am Sonntag, 18. Juni, von 14 bis 17 Uhr im Rahmen der Einweihung des neuen Heimes mit einem „Tag der Offenen Tür“ feiern.
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