Hirschau (Bericht von Werner Schulz) „Omnes viae Romam ducunt! – Alle Wege führen nach Rom!” Silvia Kritzenbergers Weg führte tatsächlich in die „ewige Stadt“. Die gebürtige Hirschauerin arbeitet dort als Redakteurin, Kommentatorin und Übersetzerin bei Radio Vatikan.
Als zweites Kind von Friedbert und Gisela Kritzenberger wuchs sie mit ihrem 3 Jahre älteren Bruder Jürgen auf, verbrachte im Sommer viel Zeit am Monte Kaolino, am Moosweiher usw.. Sonntags fieberte sie mit dem Papa der Rückkehr seiner Brieftauben entgegen. Tierliebe wurde groß geschrieben. So war ihr erster Berufswunsch Tierärztin. Dass es anders kam, mag an ihrer Sehnsucht nach Sonne und Wärme gelegen haben. Als Vierjährige erklärte sie: „Wenn ich groß bin, werde ich in einem Land leben, wo immer die Sonne scheint.“ Der katholische Glaube spielte von klein auf eine große Rolle. Zu ihren ersten und liebsten Kindheitserinnerungen gehören die Besuche in der Hirschauer Pfarrkirche mit ihrer Oma. Nur gute Erinnerungen hat sie an ihre Schulzeit am Dr. Johanna-Decker-Gymnasium, besonders an ihre Deutschlehrerinnen Anneliese Angstl und Sr. Canisia Engl und ihren Englischlehrer Philip Wade. „Es war eine strenge Schule, aber auch eine, an der man viel fürs Leben gelernt hat.“ Dass sie Sprachen studieren würde, war ihr früh klar. Während ihrer Schulzeit und direkt danach arbeitete sie als Au-pair-Mädchen in London, St. Tropez und Rom. Ihr Studium führte sie zunächst nach Wien. Sie schloss es 1991 als „Akademisch geprüfte Übersetzerin“ für Englisch und Französisch ab. In den Semesterferien zog es sie nach Hirschau, wo sie dann im AKW jobbte. Nach dem Studium ging sie nach Rom. Dort war sie zuerst in einer deutschen Anwaltskanzlei und dann als Übersetzerin tätig.
Arbeit mit und für Papst Benedikt XVI.
Im Rahmen ihrer Übersetzertätigkeit für die katholische Zeitschrift „30Giorni“ hatte sie 2003 das Glück, in Rom Joseph Ratzinger zu treffen und bis zu seiner Wahl zum Papst im April 2005 für ihn als Übersetzerin zu arbeiten. „Ich habe den damaligen Kardinal als überaus sensiblen und gütigen Menschen kennengelernt, für den jeder wichtig war, unabhängig von Rang und Position. Er war unglaublich warmherzig und humorvoll und hatte ein echtes Interesse an seinen Mitmenschen. Trotz seiner vielen Verpflichtungen, der unzähligen Menschen, die er als Kardinal und später als Papst getroffen hat, hatte man nie das Gefühl, bei ihm nur eine „Nummer“ zu sein.“ Persönlich werde sie nie vergessen, wie einfühlsam er Anteil nahm an der Krebserkrankung ihrer Mutter und 2004 an ihrem viel zu frühen Tod.
Benedikt XVI. habe ein Stück Heimat nach Rom gebracht. Er habe Bayern sehr geliebt – nicht nur wegen Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Sein Freund Thaddäus Kühnel habe ihm jedes Jahr zu Weihnachten einen Adventskranz und einen Tannenbaum aus Bayern gebracht, mit Kerzen aus Bienenwachs, damit (fast) alles so war wie früher daheim. Nicht nachvollziehen kann sie, dass Ratzinger in den deutschen Medien als „Panzerkardinal“ betitelt und zuweilen als unnahbar beschrieben wurde. Ihre persönliche Erfahrung mit ihm sei eine ganz andere. In Sachen Missbrauch sei er einer der ersten gewesen, die das Problem erkannt und Maßnahmen ergriffen haben. Sie selbst habe die Kreuzwegmeditationen 2005 ins Italienische übersetzt, in denen der damalige Kardinal den „Schmutz in der Kirche“ beklagte. Als erster Papst habe er in Malta Missbrauchsopfer getroffen. Sie begegnete ihm jedes Jahr - nach seiner Wahl zum Papst bei Generalaudienzen, bei Konzerten im Vatikan, in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo und bei einer Christmette. Als Emeritus besuchte sie ihn mehrfach in den Vatikanischen Gärten, letztmals im Juni 2022. Sie durfte bei einer Frühmesse mit ihm und Erzbischof Gänswein dabei sein. Aufgrund seines hohen Alters sei er schon sehr geschwächt gewesen. Seinen klaren Verstand und seinen feinen Humor habe er noch immer besessen. Dass Erzbischof Gänswein den amtierenden Papst und späteren Emeritus all die Jahre treu begleitet habe, verdiene Bewunderung. Er habe sich wie ein Sohn um ihn gekümmert.
Arbeit bei Radio Vatikan
Im Vatikan ist Silvia Kritzenberger seit 2010 für die deutsche Internetseite zuständig. Sie gehört seit 4 Jahren zum Team der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Die Arbeit dort ist sehr kreativ und vielfältig: neben der Webseite von Vaticannews (34 Sprachen) mit den neuesten Nachrichten aus dem Vatikan und der Weltkirche und dem täglichen Radioprogramm überträgt Radio Vatikan alle Veranstaltungen mit dem Papst live und mit deutschem Kommentar. Die Übertragungen sind auf you-tube abrufbar. In der Redaktion ist sie u.a. für deren Organisation zuständig. Viele übernimmt sie selbst. Jeden Monat wird bei einer Radioakademie ein bestimmtes Thema vertieft. Im Januar 2023 ging es z.B. um das geistige Erbe von Papst Benedikt. Im August 2022 hat sie mit Erzbischof Gänswein über Gott und die Welt gesprochen. Daraus entstand die Radioakademie „Der Glaube in der Welt von heute“. Von den Radio Vatikan-Interviews ist ihr vor allem „Unbekanntes Rom: Auf den Spuren der frühen Christen“ in Erinnerung. Sie konnte mit einer römischen Archäologin über die antiken Häuser auf dem Celio-Hügel sprechen - für eine Geschichtsliebhaberin wie sie ein absolutes Highlight. Treffen mit Papst Franziskus sind bei Audienzen für Vatikanangestellte regelmäßig möglich. Auf seinen Wunsch übernehmen Laien seit ca. einem Jahr die Lesungen bei den Mittwochsgeneralaudienzen mit dem Papst in den acht Amtssprachen des Vatikans. Sie nimmt etwa alle 2 Monate daran teil. Von den von ihr übersetzten Büchern hat sie Pater Ibrahim Alsabaghs „Hoffnung in der Hölle“ lange nicht losgelassen: ein Augenzeugenbericht über den Syrienkrieg, der über die üblichen Kriegsnachrichten hinausgeht und das Leid der Zivilbevölkerung (und die Sinnlosigkeit eines jeden Krieges) auf eine fast schon unerträglich anschauliche Weise beschreibt.
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