Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Mit einer Überraschung wartete Stadtpfarrer Johann Hofmann am Sonntag beim Kirchweihfestgottesdienst auf. Die Stadtpfarrkirche konnte nicht – wie angekündigt - ihr 175-jähriges „Weihejubiläum“ feiern, sondern erst ihr 174-Jähriges!
Für die Hirschauer Katholiken war seit Jahrzehnten klar, dass ihr Gotteshaus am 9. September 1848 „geweiht“ wurde. So steht es in der 1968 von Dr. Heribert Batzl verfassten „Geschichte der Stadt Hirschau“. Darin heißt es: „Die Maurer- und Zimmererarbeiten wurden in 22 Arbeitswochen… ausgeführt, so daß die Kirche am 9. September 1848 geweiht … wurde.“ Joseph Weinberger schreibt in seiner 1993 erschienenen Chronik „Die Stadt Hirschau – ihre Bürger und Häuser“ zwar nichts über den Termin der Weihe, nennt aber als Umbaujahr 1848: „Durch Pfarrer J.B. Kotz wurde 1848 der schon lange geplante Umbau des Kirchenlanghauses begonnen. Noch im gleichen Jahr war der Bau vollendet.“
Stadtpfarrer Hofmann war kurz vor der diesjährigen Kirwa aufgefallen, dass in einem von Stadtpfarrer Norbert Demleitner 1991 ausgefüllten Fragebogen als „Benedizierungstermin“ der Pfarrkirche der 9. September 1849 genannt wurde. So steht es auch in der Matrikel der Diözese von 1997. Pfarrer Hofmann setzte sich mit dem Bischöflichen Zentralarchiv in Verbindung. Oberarchivrat Dr. Stephan Acht teilte ihm mit, dass in den Akten zur Pfarrkirche ein Schreiben Pfarrer J.B. Kotz vom 27.7.1849 zu finden ist. In diesem steht, dass „nach dem Umbau eine „Reconciliatio“ stattfinden soll. Kotz schreibt: „Euer bischöfliche Gnaden werden sich wohl nicht entschließen können, diese Reconciliatio resp. neue Consecratio in eigener hoher Person alsbald vorzunehmen, daher wage ich es an höchstselbe die ehrerbietige Bitte zu stellen, die Benedictio vornehmen zu dürfen, in der Aussicht auf gelegentlich nachkommende Consecratio.“ Dr. Acht schreibt weiter: „Wann diese Benedizierung der Kirche durch den Pfarrer stattgefunden hat, geht aus unseren Akten nicht hervor. Anscheinend am 9. 9.1849, wie es in der Matrikel von 1997 steht.“ Pfarrer Kotz war sich offenkundig unsicher, ob die Kirche nach dem Umbau tatsächlich als „consecrirt“ (= geweiht) gilt oder sogar als execrirt (entweiht). Denn am 14.7.1859 fragt er nach: „Über die Consecration der hiesigen Pfarrkirche gibt es leider keine Urkunde und kein geschichtliches Dokument. Ist nun die Kirche als eine Consecrirte zu betrachten oder ist sie durch den Umbau eine execrirte geworden?“ In der Pfarrbeschreibung von 1860 (OA Hirschau 12) steht dann zu lesen, dass nach den Umbaumaßnahmen (1847 ff.) 1849 die Kirche „auf Darlegung der Sachverhältnisse von der oberhirtlichen Stelle als consecriert erklärt“ wurde.“ Stadtpfarrer Johann Baptist Lautenschlager (in Hirschau 1889-1907) schreibt in seiner 1897 erschienenen „Chronik der Stadt Hirschau“, dass die „hohe Regierung im März 1849 befahl, den Bau unverzüglich in Angriff zu nehmen und man Ende April desselben Jahres mit dem Ausräumen der Kirche begonnen habe.“ Er schreibt: „Die Kirche wurde am 9. September desselben Jahres geweiht und am Sonntag vor dem Feste Mariä Geburt in der umgebauten Kirche der erste Gottesdient in feierlicher Weise gehalten.“
Oberarchivrat Dr. Acht schließt sein Schreiben an Pfarrer Hofmann mit dem Satz: „In dem Verzeichnis der geweihten Kirchen für 1788 – 1886 (OA Generalia 4408) wird Hirschau 1849 nicht erwähnt.
Fazit: Die „Weihe“ der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt fand am 9. September 1849 statt. Sie wurde von Stadtpfarrer Johann Baptist Kotz vorgenommen. Bei dieser „Weihe“ handelte es sich aber nicht um eine Consecratio bzw. Reconsecratio. Eine solche hätte nur ein Bischof vornehmen können. Es handelte sich um eine „Benedictio“ (Segnung), die von Stadtpfarrer Johann Baptist Kotz vorgenommen wurde. Wann die eigentliche „Consecratio“ der Stadtpfarrkirche durchgeführt wurde, wird kaum mehr zu erforschen sein. Daher werden die Hirschauer ihre Kirchweih weiterhin am ersten Sonntag im September feiern, d.h. einen Sonntag vor deren „Benedictio“ – nächstes Jahr dann endgültig zum 175. Mal.
Begriffsklärung: Konsekration und Benediktion:
Die Weihehandlung „Konsekration“ ist dem Bischof vorbehalten. Eine Person oder Sache wird dadurch dem weltlichen „Gebrauch“ entzogen und in den alleinigen Dienst Gottes gestellt. Die Weihehandlung „Benediktion“ ist die lateinische Bezeichnung für Segnung (z.B. Kindersegnung, Fahrzeugsegnung usw.). Sie kann von jedem Priester vorgenommen werden. Im Volksmund wird für beide Handlungen oft der Begriff „Weihe“ verwendet.
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