Hirschau (Bericht von Josef Birner) „Es braucht nicht viel Begabung und vor allem keinen Mut, die Demokratie permanent schlechtzureden und die Zukunft als düster zu beschreiben. Das kann jeder. Und dann auch noch mit dem Finger auf andere zeigen und sein Gegenüber für alle Probleme verantwortlich machen. Dieser plumpe destruktive Weg würde uns als Gesellschaft und als Volkswirtschaft schnurstracks aufs Abstellgleis führen“, unterstrich der Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) Nordostbayern Rainer Hoffmann bei seiner Mairede auf dem Hirschauer Marktplatz. Die Kaoliner Musikanten umrahmten bereits im Vorfeld mit einem Standkonzert die gut besuchte Veranstaltung.
Das Modell der Gewerkschaften auf die gesellschaftlichen Herausforderungen sei stattdessen, den Wandel aktiv mitzugestalten. Dazu nehme man die Sorgen und Nöte der Menschen ernst und agiere als soziales Schutzschild gemäß dem Motto „Wir lassen niemand ins Bergfreie fallen“, verdeutlichte Hoffmann.
Die aggressive Politik Putins mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine sei eine massive Bedrohung für die Sicherheits- und Friedensarchitektur. Auch die US-Wahlen mit einem ungewissen Ausgang könnten erheblichen Einfluss auf Deutschland und Europa haben.
Selbst wenn sich nun die Inflation endlich wieder einem normalen Maßstab annähere, so habe diese trotzdem tiefe Löcher in die Geldbörsen der Beschäftigten und Rentner gebrannt. Gute Tarifverträge würden aber den Menschen Mut geben, die nötige Zuversicht und Vertrauen zurückbringen.
Hier müssten sich auch die Arbeitgeber ihrer sozialen Verantwortung stellen. Die Strategie von Arbeitgebern, in den Lohnrunden erst gar kein vernünftiges Angebot am Verhandlungstisch einzubringen, passe nicht mit dem laufend beschworenen Klagelied nach einem Fachkräftemangel zusammen. Angesichts von mehr als 1,3 Milliarden geleisteter Überstunden verstehe man die Rede von FDP Parteichef Lindner nicht, dass man Lust auf Überstunden wecken müsse, damit es in Deutschland wieder aufwärts gehe.
Verwerflich seien massive Hetze und Stimmungsmache gegen den Sozialstaat und das Bürgergeld. Hier sollen Beschäftigte und Arbeitslose gegeneinander ausgespielt werden. Das Ziel sei, die Geringverdiener gegen das angeblich zu üppige Bürgergeld zu empören. Diese Diskussion sei pures Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Politik sollte lieber die Steuergesetzgebung überarbeiten, damit Cum-ex und andere Steuervergünstigungsgeschäfte auf Kosten der Allgemeinheit nicht mehr möglich wären.
Damit die Wirtschaft in die Wachstumsspur zurückfinde und die klimaneutrale und sozial gerechte Transformation gelinge, seien private und öffentliche Investitionen in Höhe von mindestens 860 Milliarden Euro nötig. Große Wirtschaftsräume in den USA und China würden mit einer staatlichen Investitionspolitik auf eine grüne Wachstumsstrategie setzen. Deutschland und die EU müssten hier dringend nachziehen. Der hohe Strompreis in Deutschland gefährde die Wettbewerbsfähigkeit und bremse die Transformation aus. Gebraucht würde ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien mit Ausbau von Stromnetzen und Infrastruktur. Die rigide Schuldenbremse jedoch stehe öffentlichen Investitionen entgegen.
Der Sozialstaat sei gemessen an der Wirtschaftsleistung nicht ausgeweitet worden, anderweitige Meldungen seien falsch.
Ein weiterhin positiver Beschäftigungsmarkt sichere die Renten auch für die zukünftige Generation, es brauche aber ein Umsteuern bei den Beitragszahlern. So sollten zukünftig alle in das Rentensystem einzahlen, die paritätische Beitragszahlung müsse dabei bleiben, so Hoffmann. Dies gelte in gleicher Weise für den Pflege- Gesundheits- und Krankenhaussektor. Ärztliche Leistungen müssten für alle gleich sein unabhängig vom Einkommen, forderte er.
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