Hirschau (Bericht von Werner Schulz) Bürgermeister Hermann Falk ließ es beim CSU-Dreikönigs-Frühschoppen anklingen, dass der ehemalige bayerische Finanz- und Wirtschaftsminister Erwin Hubert in Hirschau nicht nur offiziell zu Besuch war. Dieser erinnerte sich an mehrere Begegnungen mit Werner Schulz zur Ausweitung der CSU im Zuge der Deutschen Einheit. Damals waren beide hartnäckige Kontrahenten: Erwin Huber als CSU-Generalsekretär, Werner Schulz als stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender und „Rebell aus der Oberpfalz“. Zu seinem Engagement für die Gründung einer CSU in Sachsen kam Schulz wie die „Jungfrau zum Kinde“. Hirschaus 2. Bürgermeister Hans Dobmeyer, zugleich Vorsitzender des SC Monte Kaolino, hatte in Klingenthal eine Gruppe junger CDU’ler kennengelernt, die sich für die Gründung einer sächsischen CSU engagieren wollten. Er empfahl ihnen, sich an Werner Schulz zu wenden. Ag. Januar 1990 traf ein Quartett, an der Spitze der Arzt Dr. Thoma Schädlich, zum Dreikönigs-Frühschoppen in Hirschau ein. Sie waren von der Schulz-Rede, in der er mit 40 Jahren Sozialismus in der DDR abrechnete, sehr angetan. Sie baten ihn spontan, Veranstaltungen in Sachsen zu bestreiten und bei der Gründung von CSU-Verbänden mitzuhelfen. Man wolle bei den Kommunalwahlen am 6. Mai 1990 mit CSU-Kandidaten antreten. Schulz sagte zu. Ab sofort bestritt er fast jedes Wochenende Veranstaltungen im Vogtland, oft von CSU-Politikern aus dem Landkreis oder aus Hirschau begleitet. Man gründete ca. 30 Ortsverbände und den CSU-Regionalverband Vogtland. Bei den Kommunalwahlen errang die CSU eine Reihe von Bürgermeistersesseln, Gemeinde-, Stadt- und Kreistagsmandate – für Werner Schulz ein Beweis für den Wunsch nach einer unbelasteten C-Partei in der DDR. Am 17. Juni 1990 lud er in den Hirschauer Josefshausgarten zum „Fest der deutschen CSU-Einheit“ ein. Mit Bussen und Trabbis reisten die CSU-Freunde aus Sachsen an. Überraschend traf auch CSU-Generalsekretär Erwin Huber ein. Mit seinem Vorschlag, nur einen „CSU-Freundeskreis“ zu bilden und die von der CSU-Landesleitung installierte DSU zu unterstützen, biss Erwin Huber auf Granit: „Da können wir gleich einen Gesangverein aufmachen.“ Die Fronten blieben verhärtet. Das bewies ein Geheimtreffen im Hause Schulz, an dem neben Erwin Huber auch DSU-Generalsekretär Alexander Achnimow sowie Staatssekretär Rudolf Kraus und Ex-MdB Hermann Fellner teilnahmen. Die sächsischen CSU’ler blieben fest entschlossen, einen eigenen Landesverband zu gründen. Die Gründungsversammlung wurde für den 10. Juli 1990 nach Auerbach einberufen. Generalsekretär Erwin Huber erteilte Werner Schulz und seinen Gefolgsleute Reiseverbot. Davon ließ man sich nicht beeindrucken. Eine 50-köpfige Delegation aus Amberg-Sulzbach, an der Spitze Werner Schulz begleitet von einem ZDF-Team, fuhr ins vogtländische Auerbach. Der CSU-Landesverband Sachsen wurde gegründet Dort wurde die Rede des West-Parteifreundes Werner Schulz frenetisch bejubelt. Manfred Helbig wurde zum Landesvorsitzenden gewählt. Die Halsstarrigkeit der Sachsen zeigte Wirkung bei der CSU-Landesleitung. Erwin Huber traf sich mehrfach mit ihnen gemeinsam mit Werner Schulz in Klingenthal, um das weitere Vorgehen für die bevorstehenden Landtagswahlen zu beraten. Ergebnis: DSU und CSU Sachsen einigten sich darauf, dass die CSU auf der DSU-Landesliste feste Plätze mit dem Zusatz „CSU“ bekommt. Damit hatte die bayrische CSU de facto die Existenz einer Partei gleichen Namens im künftigen Bundesland Sachsen anerkannt. Bei DSU wie CSU war die Enttäuschung groß, als man bei der Landtagswahl mit 3,6 Prozent der Stimmen den Einzug in den Landtag verpasste. Heute spielt die DSU in Sachsen keine Rolle mehr, die CSU Sachsen hat sich wieder aufgelöst. Nicht wenige ihrer damaligen Anhänger wählen heute AfD – eine Entwicklung, die mehr als schmerzlich ist. Ob man sie durch die Ausdehnung der CSU nach Sachsen und Thüringen verhindern oder zumindest abmindern hätte können – Erwin Hubert wie Werner Schulz wollten darüber nicht spekulieren.
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