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Nachricht vom 20.04.2025 Sonstiges

Zeitzeugen berichten: Amerikanische Tiefflieger bombardieren am 20. April 1945 Hirschau

Hirschau (Bericht von Werner Schulz)  Am 20. April 1945 bombardieren um 9 Uhr amerikanische Tiefflieger die Stadt. Den schwersten Treffer bekommt der Turm der Stadtpfarrkirche ab. Der Bombenangriff kostet vier Todesopfer. Zeitzeugen berichten.

Noch sehr gut im Gedächtnis hat der 94-jährige Andreas Wächter (damals 14 J.) diesen für Hirschau denkwürdigen Tag, „einem sonnigen Frühlingstag“, wie er berichtet. Dass Flugzeuge über der Stadt kreisten und es immer wieder Fliegeralarm gab, war schon lange nichts Ungewöhnliches mehr. Dies bestätigten Annemarie Reil (geb. Schwab, damals 12 J.), Helmut Rösch, Heribert Fleischmann und Hermann Gebhard (alle damals 7 J.) und Maria Helm (geb. Dobmeier, damals 6 J.). So herrschte am 20. April 1945 vormittags in der „Stoodt“ für Kriegszeiten „ganz normales Alltagsleben“. Der Metzgerladen Dobmeier (heute Eisdiele Venezia) war voll mit Kundinnen. Beim Lenznbeck (Bäckerei Schmid) in der Klostergasse standen die Leute, darunter Annemarie Reil, mit ihren Brotmarken an. Vor dem Kaufhaus Weinberger (heute Bürgerbüro), wo es Zucker gab, hatte sich eine Menschenschlange gebildet. Nebenan im Anwesen Grasser (heute Schmuck Huber) wurden gegen Bezugsscheine Schuhe ausgegeben. Die Leute wurden keineswegs hektisch, als die Sirenen aufheulten. „Es war ja nur der Voralarm“, erzählen die Zeitzeugen! „Man hat nicht sofort die Schutzräume aufsuchen müssen.“ „Das hat man uns in der Schule und bei der HJ beigebracht,“ sagt Andreas Wächter. Er ging trotzdem in Deckung im Splittergraben im elterlichen Garten an der Walkstraße. Von dort hatte er schon seit Wochen den Soldaten beobachtet, der täglich oben in der „Kirchturm-Laterne“ Posten schob. Plötzlich, so Wächter, ging es Schlag auf Schlag – Luftschlag auf Luftschlag! Das Signal „Akute Luftgefahr“ war noch nicht ausgelöst. Da donnerten wie aus heiterem Himmel die Bomber aus Richtung Westen mit ohrenbetäubendem Lärm im Tiefflug heran. Und schon detonierten Bomben und waren die Salven von Bordkanonen zu hören. Den schwersten Treffer bekam der Kirchturm ab. Andreas Wächter sah den Einschlag. „Ein greller Blitz! Eine Explosion! Steine sind davon geflogen. Dann hat ein Eck vom Kirchturm gefehlt!“ Die Bombe hatte aus dem oberen Teil der Südostecke des Turms ein fast hausgroßes Loch herausgerissen. Die herabfallenden Steinbrocken zerstörten das halbe Kirchendach. „Wären die Glocken noch im Turm gewesen, wäre dieser wahrscheinlich eingestürzt“, vermuten Andreas Wächter und Stadtheimatpfleger Sepp Strobl. Fast einem Wunder kommt es gleich, dass der Soldat in der „Turm-Laterne“ überlebte. Trotz abgerissener Turmtreppe gelangte er irgendwie durch die Trümmer wieder herunter. Durch den Luftdruck wurden das Rathausdach und die Dächer der umliegenden Gebäude abgedeckt. Maria Helm: „Auf einmal hat es einen Riesenkrach gegeben. Unser Schaufenster ist zusammengesackt, die Scheiben sind zerborsten. Meine Mutter ist mit mir ins Schlachthaus gerannt, dann sind alle runter in den Keller, einschließlich der bettlägerigen Oma!“ Obwohl ihr Laden nur 30 Meter von der Kirche entfernt ist, hat sie den Turmtreffer nicht mitbekommen, auch Helmut Rösch nicht. Er war bei seinem Freund Ehrenfried Schmidl, unmittelbar östlich neben der Kirche (Haus 1983 abgebrochen). „Auf einmal war Fliegerlärm. Dann hat es ganz laut gekracht. Der Deckenputz ist heruntergefallen. Ich bin über die Straße heimgerannt, dort gleich in den Keller. Mein Vater hat meine Oma hinunter getragen.“ Den Einschlag im Kirchturm hat auch Annemarie Reil nicht registriert. „Auf einmal waren die Flieger da. Die Leute beim Lenznbeck sind auseinander gerannt. Es hat furchtbar laut gescheppert. Ich bin mit der Frau Horn ins Nachbarhaus vom Bösl Toni hinein. Dort haben wir uns in einer Ecke hinter dem Kamin versteckt. Als wir später raus sind, war die ganze Gasse voller Staub und herausgerissener Leitungen.“ Schwere Schäden gab es auch in der Hirtengasse. Heribert Fleischmann: „Ich war mit meiner Mutter in der Küche. Da gab es einen ganz lauten Krach. Später wollt ich nach oben. Ich bin an der Treppe kaum durchgekommen. Einen halben Meter große Bombensplitter, die in den Balken steckten, haben mir den Weg versperrt. Unser Dach war kaputt und der Harburger-Giebel war zu uns herübergefallen.“ Ins Gedächtnis von Hermann Gebhard hat sich die Detonation einer Bombe eingebrannt. Die schlug nur ca. 50 Meter von seinem Elternhaus entfernt im Lippert-Garten ein. „Jetzt brennt alles ab!“, hörte er die Eltern schreien. Alles war ein großes Durcheinander. „Die Dächer unserer landwirtschaftlichen Gebäude waren abgedeckt.“ Als die Flieger weg waren, wagte sich Hermann Gebhard ins Freie. Er lief sofort zum Bombenkrater. „Der hatte einen Durchmesser von mindestens 20 Metern. So ein Riesenloch hatte ich noch nie gesehen.“ Andreas Wächter gehörte schon der Feuerwehr an. Als die Tiefflieger weg waren, rannte er sofort in die Innenstadt, um zusammen mit anderen Feuerwehrleuten beim Aufräumen zu helfen. „Die Straßen waren voller Steinbrocken, zertrümmerter Dachziegel und ganz viel rotem Staub!“

Gott sei Dank überlebten die Zeitzeugen und ihre Angehörigen den Bombenangriff körperlich unversehrt. Drei Männer und eine Frau bezahlten das Bombardement mit dem Leben. Werkleiter Wilhelm Kruse saß im ersten Stock des Weinberger-Hauses am Erker beim Frühstück, als er von den Bordkanonen der Tiefflieger tödlich getroffen wurde. Andreas Arnold und Johann Wagner wurden in der Nähe des Bahnhofs beim Überqueren der Gleise getötet. Viktoria Wittmann wurde im Hof der Metzgerei Bösl (Oserwold) tödlich getroffen. Mit dem Kirchturmtreffer hatten die Hirschauer eine gute Portion Glück im Unglück. Eigentliches Ziel des Bombenangriffs, so Sepp Strobl und die Zeitzeugen, sei das Knabenschulhaus nördlich der Kirche gewesen. Dort lagerte jede Menge Munition. Wäre das Schulhaus getroffen worden, wären die Gebäude rund herum dem Erdboden gleichgemacht worden. Am 22. April, zwei Tage nach dem Bombardement, marschierten amerikanische Truppen in Hirschau ein.

Foto 1 (Archiv Sepp Strobl):

Am Freitag, 20. April 194, bombardierten m 9 Uhr amerikanische Tiefflieger die Stadt. Den schwersten Treffer bekam der Turm der Stadtpfarrkirche ab. Aus dem oberen Teil der Südost-Ecke des Turms wurde ein fast hausgroßes Loch herausgerissen. Die herabfallenden Steinbrocken zerstörten das halbe Kirchendach (umrahmte Flächen).
 - Foto von Werner SchulzFoto: Werner Schulz
Foto 1 (Archiv Sepp Strobl): Am Freitag, 20. April 194, bombardierten m 9 Uhr amerikanische Tiefflieger die Stadt. Den schwersten Treffer bekam der Turm der Stadtpfarrkirche ab. Aus dem oberen Teil der Südost-Ecke des Turms wurde ein fast hausgroßes Loch herausgerissen. Die herabfallenden Steinbrocken zerstörten das halbe Kirchendach (umrahmte Flächen).

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Bilder / Fotos

Foto: Werner Schulz
Foto: Werner Schulz
Foto: Werner Schulz